05/10/2023

Der Immobilienmarkt spielt verrückt

Video-Produktion: Bonhôte-Le Temps

 

Der Immobilienmarkt überrascht einmal mehr. Man könnte sogar denken, er sei verrückt geworden. Eigentlich sollten die Immobilienpreise sinken, doch sie stagnieren oder steigen sogar. Diese Situation wird durch subtile Mechanismen gesteuert und dürfte voraussichtlich anhalten. Einige Erklärungen.

Eigentlich hätten die Immobilienpreise aufgrund der Zinserhöhungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB), welche die Finanzierung verteuern, sinken sollen. Dies war jedoch nicht der Fall. Zwischen dem Sommer 2022 und dem Sommer 2023 stiegen die Preise für verkaufte Eigentumswohnungen um 3,4% und die Preise für Einfamilienhäuser um 1,2%. 

Für diese Entwicklung sind vor allem zwei Gründe verantwortlich. Zum einen ist festzustellen, dass die Leerstandsquote bei Wohnimmobilien nach wie vor sehr niedrig ist. Im Juni betrug sie beispielsweise 0,98% im Kanton Waadt und 0,45% in der Stadt Bern. Zum andern werden nur wenige neue Wohnungen erstellt, vor allen an den begehrtesten Standorten. So wurden in den vergangenen Monaten in der Schweiz nur rund 10’000 Baubewilligungen erteilt, davon knapp 6’000 für Einfamilienhäuser. Die wenigen Objekte, die auf den Markt kommen, finden somit umgehend einen Käufer, was die Preise stützt. Auch die Tatsache, dass die steigenden Zinsen zu höheren Mieten führen, verringert einen möglichen Preisdruck.

Riskante Mieterhöhungen

Um dieses Phänomen noch besser zu verstehen, muss auch berücksichtigt werden, dass die steigenden Zinsen den Referenzzinssatz für Mietverträge nach oben treiben. Dieser wird auf der Grundlage aller in der Schweiz abgeschlossenen Hypotheken berechnet und liegt seit dem 1. Juni bei 1,5%, was einem Anstieg von 0,25% entspricht. Da die Mieten darüber hinaus auch von der Inflation beeinflusst werden, ist davon auszugehen, dass sich ein dauerhafter Anstieg etabliert hat. 

Sicher, die Vermieter haben die Möglichkeit, die Mieten zu erhöhen. Konkret können sie die Teuerung, gemessen am Landesindex der Konsumentenpreise, bis zu 40% auf den Mietpreis schlagen. Allerdings ist Vorsicht geboten, da sie damit ein Preisniveau erreichen könnten, das die Menschen nicht bezahlen wollen oder einfach nicht bezahlen können. Zu hohe Mieten für Wohnungen, die in den letzten Jahren erstellt wurden, würden keine Mieter finden. Die Höhe der Mieten würde dann durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Dies könnte sich ändern, wenn die Preise sinken oder die Bauträger bereit sind, ihre Margen zu reduzieren.

Eine weitere Besonderheit des Marktes besteht darin, dass es heute finanziell gesehen günstiger ist, zur Miete zu wohnen als Eigentümer zu sein. Werden die Kosten für die Hypothek, das Stockwerkeigentum, die Finanzierung sowie die Eigenkapitalrendite berücksichtigt, ist es in der Tat billiger, eine 100 m2 grosse Wohnung zu mieten, als sie zu besitzen. Dies war in den vergangenen Jahren aufgrund der extrem niedrigen Hypothekarzinsen nicht der Fall. Auch diese Situation wird voraussichtlich anhalten, wenn die Zinssätze nicht massiv sinken.

Langfristige Betrachtung

Die Berechnung der unmittelbaren Kosten von Wohneigentum im Vergleich zur Miete ist jedoch nur ein Teil der Gleichung. Langfristig profitiert ein Eigentümer in der Regel von der Wertsteigerung seiner Immobilie. In der Schweiz soll sich der Wert von Wohnimmobilien alle 30 Jahre verdoppeln. Bei Renditeimmobilien ergibt sich ein leicht verändertes Bild. Da viele der zum Verkauf stehenden Objekte keine Käufer finden, tendieren die Preise zu einem moderaten Rückgang.

Auf diesem Markt ist nicht der Verkaufspreis, sondern die Rendite ausschlaggebend, d.h. das Geld, das der Eigentümer durch die Mietzinseinnahmen erhalten möchte. Die Verkäufer hoffen immer noch, zu einem Niveau verkaufen zu können, das die Käufer nicht mehr zu zahlen bereit sind. Da die Zinsen wieder steigen, ist beispielsweise niemand bereit, 3% Zinsen zu bezahlen, um 3% Bruttorendite zu erzielen. Durch den Abzug von Nebenkosten, Steuern und anderen Kosten würde die Nettorendite noch weiter geschmälert.

Schätzungen zufolge ist die Zahl der Transaktionen in der Schweiz im Vergleich zum Durchschnitt der letzten zwei Jahre um 20 bis 25% gesunken. Aber obwohl das Angebot grösser ist als die Nachfrage, gehen die Preise nicht massiv zurück. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass finanzielle Aspekte bei einem Immobilienkauf nicht die einzigen Entscheidungsfaktoren sind. Auch emotionale Aspekte, wie der Wunsch nach den eigenen vier Wänden, können diese für die eigene Zukunft wesentliche Entscheidung beeinflussen. 

 

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